Wohin du willst!

      

Willkommen an Bord der Illuminoise Airlines

„Ich wünsche ihnen allen noch einen angenehmen Flug.“ Die Stewardess hieß soeben die Gäste von Flug 23 der Illuminoise Airlines an Bord willkommen.

Eine heftige Vibration erschüttert das Flugzeug.

Die Gäste werden unruhig.

Pilot (Hans Albers Stimme): „Kaptain Quark hier! Dass was sie gerade miterlebten war eine kleine Turrrrbulenz. Ja, das Leben, ja das Leben, das ist wie die weite See. Keine Angst, das ist ganz normal hier oben. Kleines Luftloch sonst nichts.“

Stewardess (zu den Fluggästen): „Sehen sie, überhaupt kein Grund nervös zu werden.“

Pilot (Hannes Wader Stimme): „Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss ich fort, hab mich niemals deswegen beklagt. Hab es selbst so gewählt, nie die Jahre gezählt, nie nach gestern und morgen gefragt. Manchmal träume ich schwer und dann denk ich …

Ein Flugast (Groucho Marx) zu seinem Nachbar (Harpo Marx): „Der Müllmann ist da. Sag ihm, wir brauchen nichts.“

Eine zweite weitaus heftigere Vibration erschüttert das Flugzeug. Die Gäste geraten in Panik. Die Stewardess lässt eine Packung Valium die Runde machen.

Pilot (Simon & Garfunkel, zweistimmig): „Bye bye love, bye bye happiness. Hello loneliness, I think I’m gonna die.“ (Hysterisches Lachen der Passagiere.)

Die Stewardess blickt verstört zum Bordlautsprecher.

Pilot (Bogart Stimme ): „Here’s looking at you, kid.“

Die Stewardess geht entschlossen zur Pilotenkanzel. Als sie die Türe öffnet, entfährt ihr der typische Oh-scheiße-was-ist-das-denn-Stewardessen-Schrei, den wir aus unzähligen Airport Filmen kennen.

Das Cockpit ist leer.

Verzweifelt setzt sich die Stewardess in den Pilotensessel und fummelt zittrig am Funkgerät herum.

Funkgerät (Kinski Stimme): „Tut mir leid Süße, aber wir hatten keine Zeit mehr dir das da unten zu erklären. Schalt den Autopiloten aus und flieg die Kiste selber!“

Stewardess (hysterisch, halbohnmächtig): „Wohin soll ich denn Gott-Scheiße-nochmal fliegen?“

Funkgerät: “Wohin du willst!“

 

Vollkommen mit den Nerven fertig versucht die Stewardess sich zu beruhigen. Sie atmet dreimal tief durch. Sie erinnert sich an die drei goldenen Regeln aus „Mein kleiner Flugbegleiter“, dem Handbuch für die genervte Stewardessen‘:

1) Tu‘ so, als wäre nichts gewesen!
2) Reiß dich zusammen!
3) Immer nur …

Das Funkgerät gibt Peter Anders die Ehre und er entführt uns in Vertretung von Anneliese Rothenberger ins Land des Lächelns: „Immer nur lächeln und immer vergnügt, immer zufrieden, wie’s immer sich fügt, Lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen.“

Ein rauchender Fluggast (ein ziemlich verlorener Peter Lorre) betritt schüchtern die Pilotenkanzel: „Ich bin der einzige Arzt an Bord, können sie mir vielleicht helfen?“

Stewardess (dreht sich um und lächelt): „Sicherlich Herr Doktor! Sagen sie mir was so schlimm daran ist der einzige Arzt an Bord zu sein?“

Arzt (nimmt einen tiefen Lungenzug, antwortet zögernd): „Äh, … vielleicht dieses beunruhigende Gefühl, dass im nächsten Augenblick unter den Passagieren eine hochschwangere Frau aufstöhnt und schreit …

Unter den Passagieren stöhnt eine hochschwangere Frau auf und schreit: „Ich glaube es geht los, mein Baby kommt!“

Arzt: „Sehen sie jetzt hab ich den Schlamassel. Aber darum ging es mir eigentlich gar nicht. Könnten sie mir freundlicherweise sagen, wo hier die Toiletten sind?“

Stewardess: „Drehen sie sich um 180° und gehen sie geradeaus. Es ist die erste Türe links. Achten sie auf das WC-Zeichen.“

Der Arzt bedankt sich und wendet sich zum Gehen.

Stewardess: „Ach ja, rauchen ist da verboten, wegen den Rauchmeldern … und pissen sie ja nicht über den Rand, dass kann ich zum Teufel nicht ausstehen.“

Arzt (verwandelt sich in Peter Falk alias Colombo und dreht sich erneut in Richtung Stewardess): „Wissen sie, dass sie ungeheure Ähnlichkeit mit Romy Schneider haben?“

Stewardess: „Nenn‘ mich Sissi, Franzerl.“

Des Teufels General (Curd Jürgens Stimme) meldet sich über Funk: „Na, Mädel, willste nun fliegen oder nich. Besser, du gibst deinen Stunden mehr Leben, als deinem Leben mehr Stunden.“

Groucho Marx mischt sich ein: „Außerdem kann jeder alt werden, wenn er nur lange genug lebt …“

An der Tür zur Pilotenkanzel erscheint ein bedrohlich aussehender korpulenter Fluggast (Gerd Fröbe). Er richtet seinen vergoldeten Zeigefinger auf Sissi.

„Du musst dich entscheiden!“

Funkgerät (Shirley Bassey Stimme): „Goldfinger, he’s the man, the man with the midas touch. A spider’s touch. Such a cold finger. Beckons you to enter his web of sin. But don’t go in.“

Groucho und Fröbe verlassen dezent das Cockpit. Nur der goldene Finger bleibt wo er ist, zeigt glitzernd und unerbittlich auf Sissi die Stewardess.

Sissi: „Irgendwie fühle ich mich mächtig überfordert mit diesem Scheiß-Job. Kann mir denn niemand helfen?!“ Sissi bricht in Tränen aus.

Groucho, wieder an seinem Sitzplatz angekommen, tippt seinem Bruder Harpo auf die Schulter. „Ich glaub man braucht dich.“

Harpo nickt eifrig, kramt in seinem Bordcase und holt eine aufblasbare Harfe heraus. Mit dieser rennt er ins Cockpit, wo er sie zu einer riesigen Konzertharfe aufbläst und dabei urkomische Grimassen schneidet. Nach einer kurzen, von sehr vielen Knackgeräuschen begleiteten Handmassage, spielt Harpo „Blue Moon“ und versetzt Sissi damit in Trance.

Kurz sieht man Wolken rasch über einen Himmel ziehen, damit jeder weiß, dass Sissi nun anfängt zu träumen.

Sissis Mutter steht auf einer großen grünen, lichtüberfluteten Frühlingswiese. Sissi rennt auf sie zu.

Sissi: „Mama, Mama, Mama“ (lange „a’s“ am Ende von Mam)

Mutter: „Sissi, Sissi, Sissi!“

Mutter und Tochter schließen sich in die Arme.

Sissi: „Mama, Mama, Mama“

Mutter: „Sissi, Sissi, hör mir gut zu! Du musst bald eine sehr, sehr wichtige Entscheidung in deinem Leben treffen.“

Die Musik endet abrupt. Harpo hat es geschafft seine Finger mit den Saiten der Harfe zu verknotet. (Applaus und schallendes Lachen der Passagiere)

Groucho kommt angerannt (zu seinem Bruder): „Du hast das Gehirn eines Vierjährigen und ich wette, der Knabe ist froh, dass er es los ist!“

Sissi (frustriert): „Ach Mama, du hast mir mal wieder nicht viel weiter geholfen.“

Unvermittelt meldet sich Kinski über Funk: „Nimm dein kleines, beschissenes, unbedeutendes Leben doch ein einziges mal selbst in die Hand. Beeile dich, bevor das Schicksal es für dich tut.“

Sissi (zunächst total perpelx):“ … klein … beschissen … unbedeutend … (dann schreiend) Kinski du Arsch, du blöder Wixer! Das geht jetzt entschieden zu weit!“

Wütend rammt Sissi ihre Faust auf den blauen Knopf des Autopiloten welcher daraufhin rot aufleuchtet. Die Maschine setzt zum Sturzflug an. Sirenen heulen auf.

Im Funkgerät herrscht Stimmenchaos.

Hans Albers : Flieger grüß mir die Sonne, grüß mir die Sterne und grüß mir den Mond.

Schwarzenegger: Hasta La Vista Baby.

Mick Jagger: „Goodbye Ruby Tuesday, who is gonna hang a name on you and when you change with every new day, still I’m gonna miss you. Oh, There’s no time to lose I heard her say you gotta catch your dreams before they run away …“

Zwei englische Polizisten schauen im Cockpit nach dem Rechten, doch finden sie ihn nicht und so gehen sie wieder.

Sissi: „OhGottOhGottOhGott! Was mache ich nur!“

Funkgerät (Zaphod Beeblebrox): „Versuchs doch mal mit dem Unwahrscheinlichkeitsdrive. Den hab ich neulich bei euch eingebaut. Ist zwar nur der kleine Bruder vom unendlichen Unwahrscheinlichkeitsdrive, aber der sollte in deiner Situation ausreichen.“

Sissi: „Welchen Knopf muss ich drücken?“

Zaphod Beeblebrox: „Keine Ahnung, hab ich vergessen.“

Sissi: „Herr-Gott-nochmal! Bei den vielen Knöpfen und Schaltern steht die Chance ihn zu finden 23000 zu 1.“

Zaphod Beeblebrox: „Süße, hast du dir mal überlegt, warum das Ding Unwahrscheinlichkeitsdrive heißt?

Ein Adler fliegt vorbei, Mick Jagger: „She’s like a Rainbow

Sissi sucht verzweifelt nach dem Knopf des Unwahrscheinlichkeitsdrives und scannt recht unsystematisch alle Knöpfe und Schalter im Cockpit. Wie es der Zufall so will, entdeckt sie einen in allen Regenbogenfarben schillernden Knopf, der versucht sich hinter einem graugrünen Schalter zu verstecken. Seltsamerweise schwenkt der Regenbogenknopf dabei ein kleines Fähnchen auf dem „DRÜCK MISCH“ steht.

Sissi: „Hmmm?!“

Unwahrscheinlich schnell zischt ihr Zeigefinger wie eine Flugabwehrrakete auf den schillernden Knopf zu und versenkt ihn.

Schillernder Knopf: „Klick“

Sissi: „Ha, hab ich dich erwischt!“

Und nun passiert etwas gaaaanz unwahrscheinliches. Es passiert etwas soooo unwahrscheinlich Unwahrscheinliches … man kann es sich überhaupt nicht vorstellen.

Es passiert nichts.

Und das ist jetzt nicht nur so daher gesagt oder allein auf die Wirkung von Sissis Knopfdruck bezogen, nein, es passiert überall einfach gar nichts mehr. Keine Veränderung. Jedes Atom steht still und stramm, genau da wo es eben steht. (Die kleineren Photonen trifft es hart, weil sie keine Ruhemasse haben.)

Die Zeit steht still. Wie sie das macht ist schleierhaft, da Zeit nur ein Synonym für Veränderung, für’s Passieren ist.

Belehrender Einschub (Wiki):
Passieren: Als Werkzeug kommen Passiersiebe mit besonders feinen Öffnungen und Maschen zum Einsatz. Zum Passieren von Flüssigkeiten werden sowohl Spitzsiebe (Chinoise) aus trichterförmigen Metallnetzen oder Lochblech als auch Passiertücher aus Leinen oder Mull, zum Passieren fester Massen flache Haarsiebe benutzt. Für das Passieren gegarten Obsts und Gemüses können spezielle Passiergeräte (Flotte Lotte, Kartoffelpresse) verwendet werden.

Stewardess Sissi hat keines dieser speziellen Passiergeräte an Bord.

Und so bleibt alles es wie es ist.

Doch auf den letzten Drücker findet Jim Morrison noch eine Türe ins Funkgerät und singt was alle schon ahnten.

Funkgerät: This is the end my friend.

2 Gedanken zu “Wohin du willst!

  1. Und alles nur, weil Sissis Franzl Flugangst hat und deswegen nicht mitgeflogen ist.
    Der hätte die Kiste ganz sicher nach Takatukaland geflogen.

    Filmreif, absolut filmreif.

    :-))))

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