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3. Teil, in dem Peter Heil –und leider auch der geneigte Leser- weiter auf die Folter gespannt wird.
Immer noch auf der Schulbank
Zur zweiten Stunde kam Peter Heil zu spät. Deutlich. Glücklicherweise hatte ihm sein Freund Carsten einen Platz freigehalten, auf den er sich möglichst unauffällig gleiten ließ. Leider war es kaum möglich, nicht aufzufallen, wenn man, direkt aus einem Kundentermin kommend, in Anzug mit Weste und Krawatte versucht, sich unauffällig inmitten eines Panoptikums von Angelanwärtern zu bewegen.
Er zog alle Augenpaare auf sich und erzeugte Reaktionen zwischen Unverständnis über Abscheu und Ekel ob der ausgefallenen Kleidung bis zur Heiterkeit auf den Mienen seiner Mitstreiter. Kursleiter Knurrhahn sah ihn missbilligend an, als er versuchte heimlich seine Krawatte in der Jackettasche verschwinden zu lassen.
Knurrhahn war gerade dabei zu erklären, warum der amerikanische Flusskrebs, der überraschend zu den einheimischen Fischarten gehört, sein Adjektiv dennoch zu recht trage. Weil er eben nur eingewandert sei, und dass viele –besonders die Grünen- die Angler ja wegen dieser Ansicht für rechtsradikal halten würden. Eine bemerkenswerte Argumentationskette, wie Peter fand. Solche Momente versöhnten mit der ansonsten sehr drögen Vortragsweise.
Auch in den darauffolgenden Wochen schaffte Peter es selten, pünktlich zum Angelunterricht zu erscheinen. Zweimal musste er ganz ausfallen lassen. Dennoch bekam er genug Absonderlichkeiten mit, die langsam Zweifel in ihm nährten, ob er auf der richtigen Veranstaltung sei. Und ob sein ursprüngliches Ziel, nämlich gemeinsam mit seinem Kumpel in vollkommener Harmonie, schweigend, aber sich dennoch verstehend zu angeln, noch das richtige ist. Zumindest war dieses Ziel geistig in weite Ferne gerückt. In die Ferne, in die er eigentlich legal mit der Angel in der Hand schauen wollte.
So lernten sie nicht nur die 44 in NRW beheimateten und für die Prüfung relevanten Fischarten kennen, sondern auch, dass es beispielsweise in Brandenburg, Hessen oder Bayern zum Teil andere seien. Und dass man dennoch mit einem dort erworbenen Angelschein, der gar nicht Angelschein sondern Fischereischein heißt und nicht mit dem Fischereiberechtigungsschein verwechselt werden darf, dennoch in NRW angeln kann, sofern man zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Scheins seinen Wohnsitz nicht in NRW hatte.
Alles klar? Nein!
Doch es half nichts. Um die Prüfung zu bestehen, musste man sich auch diesen Fragen stellen. Diesen Fragen, die die Untere von der Oberen Fischereibehörde abgrenzte, wobei die Obere für den Ausweis von Fischschonbezirken zuständig ist, während die Untere den Fischereiberater beruft oder die Prüfung zum Erwerb des Angel… ´tschuldigung… Fischereischeins abnimmt. Oder den Fragen rund um die Zahl der Eier im Laich der gemeinen Bachforelle (Kennzeichen: rotgepunktet), der Länge der normalen Zweihand-Spinnrute oder den sinnvollen Maßnahmen zur Hebung des Krötenbestandes in der Nähe sogenannter Fischtreppen.
Knurrhahn versuchte zu beruhigen. „Wir gehen jetzt systematisch alle Fragen ganz genau durch. Zu jedem der sechs Themengebiet gibt es ca. 60 Fragen“. Peter überschlug schnell: 6 mal 60 = 360. Bei geschätzten fünf Minuten pro Frage macht das 30 Stunden. Der ganze Kurs bestand aber nur aus 30 Unterrichtsstunden, wovon schon einige vergangen waren. Wie soll das gehen?
Das klärte sich, als sie das Heft mit den Prüfungsfragen hervorholen sollten, um sie zu besprechen. Knurrhahn gab vor:
„Seite 5, Allgemeine Fischkunde,
Frage 1: Antwort c
Frage 2: Antwort c
Frage 3: Antwort b
.
.
.
Frage 51: Antwort c“
Peter und Carsten schauten sich ungläubig an. Unter „ganz genau durchgehen“ hatten sie sich was anderes vorgestellt. Aber egal. Knurrhahn erklärte weiter, dass zu jeder Frage genau 3 Antwortalternativen gegeben werden. Und dass immer nur genau eine Antwort richtig sei. Und dass die Antworten bei der Prüfung in exakt derselben Reihenfolge auftauchen wie im Heft. Das beruhigte dann schon etwas, kam es doch dem Lernverhalten von Peter sehr entgegen. Ob man dadurch auch wirklich das Handwerk verstehen lernte, stand auf einem anderen Blatt. Muss die Untere Fischereibehörde verantworten.
In der letzten Stunde wurden die Anmeldebögen für die Prüfung verteilt. Peter nahm sein Formular in dem Moment in Empfang, als Knurrhahn die beruhigenden Worte sprach: „Keine Angst Leute, die Prüfer sind alles gute Kameraden von mir. Die sind fair. Und ich habe einen Ruf zu verlieren. Von mir ist noch KEINER durchgefallen.“
Pause.
„Außer die, die immer stören oder oft fehlen.“ Dabei bedachte er Peter mit einem finsteren Blick. „Sie waren ja auch nicht so oft da, wenn ich mir die Teilnehmerliste so anschaue“. Blöd, dass die Anwesenheitskontrolle, immer am Anfang der Stunde durch Aufrufen stattfand, als Peter meist noch auf der Autobahn war.
Betrübt und mit einem unbehaglichen Gefühl im Magen schlich er nach Hause.
wird fortgesetzt in:
Petri Heil (IV)
was bisher geschah: