Petri Heil (IV)

Neunauge

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Im 4. Teil gibt es einen Einblick ins beamtische Innere der Unteren Fischereibehörde und in Peter Heils Lernweise

Der Anmeldebogen zur Zulassung für die Fischerprüfung hatte den Charme der 70er Jahre – Ankreuzkästchen und Linien waren zwar mit dem Lineal gezogen, doch die Handarbeit war unverkennbar. Genauso wie die vorgedruckte 19 an der Jahrhunderstelle des Datums. Immerhin: Die Postleitzahl war schon fünfstellig. Jedenfalls passte es zu dem Eindruck, den die quälenden Abende des Angelkurses bei Gewässerwart Knurrhahn bei Peter hinterlassen hatten.

Antiquiert oder nicht – geschwind ausgefüllt und abgeschickt, 30€ Anmeldegebühr überwiesen und kaum 5 Tage später hatte er schon die Antragseingangsbestätigung zum Antrag auf Zulassung zur Fischerprüfung von der Unteren Fischereibehörde, jenem Amt, dass er schon durch die fischereirechtlichen Fragen der Verordnung über die Fischerprüfung schätzen gelernt hatte, im Kasten.

Das Schreiben zog ihm die Socken aus. Waren die handgedrechselten Restbestände des Antragsformulars noch aus dem vergangenen Jahrhundert, so hat sich hier offensichtlich ein elektronisches Schreibgerät samt Textprogramm in die Schreibstube der Unteren Fischereibehörde verirrt. Und alles, was das Teil an Formatierung zu bieten hatte, wurde gnadenlos in diesem Schreiben zur Anwendung gebracht.

3 Schriftarten, Fettdruck, Kursivdruck, unterstrichen, fettkursiv, fettunterstrichen, unterstrichenkursiv, kursivfettunterstrichen, jeweils kombiniert in den Größen 8pt bis 12pt erzeugten ein beeindruckendes Bild vor seinen Augen. Es schien, dass die zuständige Sachbearbeitung auf Amtsstube 4711 alle 105 Kombinationsmöglichkeiten ausgereizt hatte. Die Buchstaben tanzten vor Peters Augen wie die Fischlein im Wasser. Da sage noch einer, Beamte seien nicht kreativ.

Vor lauter Freude übersah Peter fast den eigentlichen Inhalt des Schreibens. Denn neben der Bestätigung des Eingangs seines Antrags enthielt das Schreiben noch den Hinweis auf drei mögliche Fehlverhaltensweisen. „Zutreffendes bitte HANDschriftlich ankreuzen“, muss in der Dienstanweisung stehen, anders ist der Medienbruch nicht zu erklären. Peters Schreiben wies glücklicherweise nur ein Kreuzchen auf, das besagte, dass vor der endgültigen Zulassung zur Fischerprüfung die Vorlage seines gültigen Kinderausweises unabdingbar sei.

KINDERausweis? Der war seit 30 Jahren abgelaufen.

Das Missverständnis klärte sich schnell auf, als Peter bei der unterzeichnenden Angela Fischermanns-Freund anrief. „Oh, da hab’ ich wohl die falsche Datei erwischt, sollte natürlich Personalausweis heißen“, quiekte eine freundliche Stimme ins Telefon. „Das ist aber auch so kompliziert mit diesen modernen Geräten. Am besten, Sie faxen mir gleich eine Kopie rüber!“

„Hm, ich habe kein Fax. Nur einen Scanner. Kann ich Ihnen das auch per E-Mail schicken?“

Frau Fischermanns-Freund war hochgradig entzückt, hatte sie doch erst seit letzter Woche einen E-Mail-Anschluss und war nun ganz neugierig auf den ersten Elektrokontakt zur Außenwelt. Peter machte ihr die Freude, was sie prompt 2 Minuten später mit einem überschwänglichen Dankesanruf zum Ausdruck brachte.

„So kann man auch mit kleinen Sachen….“, dachte sich Peter, nach dem er die Formalien erledigt hatte. Und jetzt musste gelernt werden.

Die 44 in NRW beheimateten Fischarten gingen Peter am leichtesten von der Hand. Und das, obwohl er vorher nur

* Karpfen
* Hecht
* Forelle
* Lachs und
* Fischstäbchen

kannte. Nun lernte er eine ganz neue Welt kennen. Die meisten Fische trieben ihm ein Grinsen ins Gesicht:

Rapfen, Schlammpeitzger, Nase.

Letzterer sagte ihm allenfalls als Riechorgan was.

Güster, Elritze, Döbel.

Wie Dübel. Der Assoziationen gab es viele.

Bitterling, Giebel, Ukelei.

Kein Wunder, dass ihm die Angler komisch vorkamen, bei den Namen, die sie ihren Beutetieren gaben.

Besonders gut konnte er sich die Schmerle merken. „Wunderschön, gehört in jedes Gewässer“, hatte Knurrhahn während des Kurses immer wieder gesagt. Über den Schönheitsbegriff kann man bekanntlich streiten.

Sein Favorit war jedoch das Moderlieschen. Erinnerte es ihn doch an Lieschen-Müller von neben an, die auf dem Grund des Flusses vor sich hin modert.

Egal.

Dieser Teil der Prüfung dürfte keine Probleme bereiten.

Mehr Mühe machten da schon die Theoriefragen. Wie mit einem krankheitsverdächtigen toten Fisch umgehen? Nicht beachten? Finger weg, da Ansteckungsgefahr? Nein: Der Anglerheroe schnappt ihn sich natürlich und trägt ihn gut gekühlt zur nächsten Untersuchungsstelle. Damit war auch schon ein Grundprinzip der meisten Fragen ausgemacht. Die Antwort mit dem größten Öko-Touch ist immer die richtige. Da sollen sich die Grünen aber noch mal beschweren. Und die restlichen Fragen, wieviele Eier das Hechtweibchen pro Kilogramm Körpergewicht in sich trägt, paukt man auswendig.

Genau wie die 10 Angelruten, die zum krönenden Abschluss der Prüfung abgefragt werden sollten. Peter lernte diese quasi im Vorbeigehen mit. Täglich auf sein Schema mit den 10 Spalten geschaut: No 6 Barschrute, Länge bis 2,10m, 5-6kg Tragkraft auf der Schnur, mittlere Rolle, Blinker als Köder und so weiter und so fort. Das war ein Kinderspiel.

Die Prüfung konnte kommen.

wird fortgesetzt in:

Petri Heil (V)

 

was bisher geschah:

Petri Heil (III)

Petri Heil (II)

Petri Heil (I)

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