Petri Heil (II)

Karpfen

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Der Groteske 2. Teil:
Auf die Schulbank

„Du, ab Ende Oktober kann man hier um die Ecke einen Angelkurs machen. Du wolltest du doch schon immer ´nen Angelschein! Machst du mit?“ Es war Carsten Butt, Peter Heils Freund und Nachbar, der ihm diese Nachricht per Telefon überbrachte.

Das lange versunkene Bild, er mit seinem Freund, angelnd in die Ferne schauend und so alle Probleme lösend, nahm vor seinem inneren Auge wieder Gestalt an. Wie konnte er da nein sagen? Zugegeben, die äußeren Umstände waren nur suboptimal. Beginn 18:00 Uhr, immer montags. Wenn man montags eigentlich bis 18:00 Uhr im 200 Kilometer entfernt liegenden Frankfurt arbeiten muss, eigentlich unmöglich. Aber für 10 Abende wird das schon gehen. „Man kann ja mal ein wenig später kommen. Ein-zweimal ausfallen lassen ist sicherlich auch drin“, dachte er sich noch und sagte spontan zu.

Und so fand sich Peter Heil 3 Wochen später im Anglerheim des Vereins „Die Uferstampfer“ wieder, reihte sich brav in die Schlange der Wartenden ein, um seinen Obulus für Kurs und Lehrmaterial zu entrichten und dafür seinen Namen auf die Teilnehmerliste gesetzt zu bekommen, sowie die „Verordnung über die Fischerprüfung“ in Empfang zu nehmen.

Der Kursleiter stellte sich als Gunter Knurrhahn (60), seit 45 Jahren passionierter Angler, vor. „Ihr, äh oder Sie, äh oder ach – wie ihr wollt, also. Sie wollen hier was bei mir lernen. Das könnt ihr bei mir. Und wer gut aufpasst, der, also, man muss gut aufpassen. Weil, wer hier stört und Unfug macht, dann wird das nix mit der Prüfung. Also die Prüfung ist an sich kein Problem!“

Hmmm. Die Sätze kamen ihm vor wie Würmer. Sich krümmende Würmer. Passt irgendwie zum Angeln. Und man möchte ja nicht vorschnell urteilen. Aber das Wort Prüfung machte ihn schon stutzig. Da hatte er sich gar keine Gedanken drüber gemacht. Bislang war er naiv davon ausgegangen, den Angelschein am Ende des Kurses quasi durch braves Absitzen zu erlangen. Das stellte sich jetzt anders da.

Peter und Carsten sahen sich vielsagend an, verdrehten die Augen und versuchten die hübsche Anglerheimwirtin herbeizuwinken, um Bier zu bestellen. Eines schien sicher. Bier war notwendig, um diesen Abend heil zu überstehen. Offensichtlich waren sie nicht alleine dieser Ansicht. Deutlich nicht. Ihnen gegenüber saß ein Mittzwanziger, fett-gliedrige Goldketten um Hals und Handgelenk, leicht schmierige Haare, der bereits nach 30 Minuten seinen dritten Strich auf dem Deckel hatte. Am Ende des Abends sollten es neun sein. Schlagzahl nicht gehalten, aber dennoch: Alle Achtung!

Auch sonst war das Panoptikum der Kursteilnehmer beachtlich. Vokuhilas, die Reinkarnation von Buddah selbst in einem viel zu kleinen, grau verwaschenen Sweatshirt und ein weibliches Pendant dazu, das erst beim zweiten Hingucken als weiblich zu erkennen war, bildeten nur die Spitze des Eisbergs. Aber auch Familienväter samt halbwüchsigen Kindern schlugen sich hier die Montage von 18:00 bis 22:00 Uhr (inclusive 3 mal 20 Minuten Pause) um die Ohren. Jedenfalls fühlte sich Peter bislang bestens unterhalten. Wenn da nur nicht diese drohende Prüfung wäre. Aber die war ja noch weit weg.

Gunther Knurrhahn hob seinen viel zu kurzen Arm, um sich Gehör zu verschaffen. Aber warum winkelt er seine Finger so merkwürdig ab? Erst bei näherem Hinsehen, sah Peter, dass einige Kuppen und gar komplette Fingerglieder fehlten. Scheint auch noch gefährlich zu sein, das Angeln. Er fühlte sich sofort an den Uraltwitz mit den fünf Bieren für die Jungs vom Sägewerk erinnert.

„Also, liebe Leute, wir lernen hier zunächst was über die Gewässer, also, wo die Kameraden, ich meine also wo die Fisch drin leben, die Fischhege Natur- und Tierschutz, aber … also, die Grünen versuchen uns Angler ja immer in die Ecke zu stellen, also ne … wo war ich?“

Um es kurz zu machen: Die zehn Abende sollten den Angelnovizen außerdem die Themen allgemeine sowie spezielle Fischkunde, Geräte- und Gesetzeskunde näher bringen.

Knurrhahn legte eine Folie nach der anderen auf. Peter spürte, wie Blei sich auf seine Augenlider legte. Das kann ja heiter werden. Er schreckte erst wieder hoch, als Knurrhahns Stimme sich zu einem hysterischen Crescendo steigerte:

„He, ihr da!“

Knurrhahn wandte sich an einen Gruppe von Schülern, die verständlicherweise in der dritten Stunde des Abends ob des vorgetragenen Monologs die Konzentration verlor und unruhig wurde.

„Wenn ihr das besser könnt als wie ich…. Also los dann, kommt ihr nach vorn…. Hä? Was is?… Kein’ Mumm?… Nää, liebe Leute, so geht das nicht! So lernt ihr nix, wenn… also … Nein, so nicht!“

Pause. Lediglich mühsam unterdrücktes Kichern ist zu hören.

„Dann kann ich ja gehen, wenn ihr alles besser wisst. … Na? … Da sagt ihr nix mehr. Also nee. Keine Erziehung, die Kinder von heute.“

Na klasse, ein Superpädagoge ist der Kursleiter auch noch. Peter zählte an den Fingern ab, wie oft er hier noch hin musste. Neunmal! Erschütternd. Aber dann kam ihm wieder der eigentliche Grund in den Sinn, warum er unbedingt den Angelschein erwerben wollte. Und mit dem Bild vor Augen, wie er mit seinem Freund am Ufer steht und sie in sich ruhend die Probleme der Welt lösen, dämmerte er dem Ende seiner ersten Angeltheoriestunde entgegen.

wird fortgesetzt in:

Petri Heil (III)

was bisher geschah:

Petri Heil (I)

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