IFS QRH

Logo International Food StationVon den Großen lernen, heißt Siegen lernen

Es ist ein schöner Frühsommerabend, den ich nach viel Arbeit und einer entspannten Joggingrunde bei einem kleinen Imbiss beschließen möchte. Die Auswahl in Raunheim, diesem hessischen Nest, das immerhin auf den Drei-Letter-Code QRH hört, der ihn scheinbar in eine Liga mit LAX, LHR, JFK und DUS hebt, ist nicht groß.

Das „Bembelsche“ verbietet sich durch seine Blauer-Bock-Assoziation von vornherein und so lande ich bei einem kleinen südasiatischen Imbissbudenbetreiber. Ich überlege, ob er eher aus Pakistan oder Indien kommt, entscheide mich für Zweiteres, was aber für den weiteren Verlauf der Geschichte auch unerheblich ist. Jedenfalls sind beide Länder nicht prädestiniert für die Herstellung hoffentlich delphinschonend zubereiteter Thunfischpizza, auf die heute meine Wahl fällt. Aber egal.

Ich darf in der Abendsonne vor dem zum Imbiss umgebauten Container Platz nehmen und lasse meinen Blick schweifen. Kaum werde ich gewahr, dass der Schriftzug International Food Station (abgekürzt IFS) über der Eingangstür prangt, quasselt es auch schon international auf mich ein.

Es dauert einen Moment, bis ich die Sprache des Herrn erkenne, der schräg hinter mir sitzt. Es ist Hessisch. (Das ss hat dabei eine Schärfe, die zwischen dem uns bekannten Doppel-s und dem einfach s liegt.) Wenn dieses Idiom noch mit Alkohol angereichert ist, wird es für den Normal-NRW-Bürger unverständlich. Und das auf der Grenze zu unerträglich.

Nach Watzlawick kann man nicht nicht kommunizieren und so vertiefe ich mich zum Zeichen meines Unwillens auf ein Gespräch in den ausliegenden Flyer. Der entpuppt sich als das komplette Angebot der International Food Station (IFS) und lässt mich fortan nicht mehr los.

Es hat mir schon einmal Begeisterungsstürme entlockt, wenn der Kleinunternehmer sein Geschäftsmodell mit den Systemmitteln der Großen nach vorne bringen will. Und dass hier jemand Großes vorhat, erkennt man sofort, steigt die erste Seite doch mit der Rubrik Spar-Menü in einer Art und Weise ein, wie man sie von großen Fastfoodketten kennt.

Das Menü 1 zum Beispiel verheißt 2 große Pizza (30cm) nach Wahl, 1 ital. Salat, 1 Liter Flasche Cola für nur noch 17€. In der Jumbovariante plus Zusatzoption auf Wein statt Cola zahlt man nur 7€ mehr. Menü 3 offeriert für 30€ sogar 5 Gerichte nach Wahl. Den Marketing-Kniff, diese sechs Sparmenüs mit 1, 2, 3, 4, 5 und 8 zu nummerieren, finde ich auch beachtlich, auch wenn sich mir der Sinn noch nicht erschließt.

Und was das Deckblatt verheißt, hält die Karte im Inneren. Mit viel Liebe zum Detail sind hier an die 303 Positionen aufgelistet, die man ordern kann. Die ca. 58 Pizza-Gerichte sogar in den Ausprägungen klein (26cm), groß (30cm) und Jumbo (36cm).

Dass die No 38 auf der Karte fehlt, kann ich mir nur dadurch erklären, dass die 38 in Südasien wohl Unglück bringt. Schließlich gibt es im Flieger auch keine Reihe 13.(Manchmal auch keine 17 -Unglückszahl im Italienischen). Ähnliche Ausschlussregeln scheinen noch für 42 (Douglas Adams‘ Antwort auf alle Fragen), 43 (Primzahl) und 44 (Schnapszahl) zu gelten, die ebenfalls übersprungen werden.

Doch wer will sich schon mit profanen Zahlenspielereien aufhalten? Wer internationale Gaumen befriedigen will, kommt mit Pizza alleine nicht aus. Diversifizierung ist angesagt. Freunde chinesischer, mexikanischer, heimischer, türkischer und indischer Küche kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Die Klassifizierung der Gerichte in bekannte Speisen-Kategorien lässt mir dabei nicht nur das Wasser im Munde zusammenlaufen, sie macht einfach Spaß.

So gibt es Schnitzel in den Varianten Wiener, Jäger, Holstein, Rahm, Zwiebel, Hawaii und vor allem Zigeuner (ja, hier gibt es das leckerste aller Schnitzel noch, das sonst nur noch politisch korrekt und schnöde Paprika genannt wird)!

Perfekt.

Da fällt es nicht weiter ins Gewicht, dass die Kroketten unter Würstchen einsortiert sind, finden sie sich doch mit Hamburger, Hähnchen Burger und Dönner(!)-Varianten in bester Gesellschaft.

Lecker!

Verdursten muss man auch nicht. Cola, Limo, Apfelsaft gibt es genauso wie Bier aus aller Herren Ländern. Gerne auch auf Anfrage. Außerdem Chianti, Frascati, Valpolicella und Lambrusco. Sogar mit einem Whisky Preis A (A wie Anfrage) kann man den kulinarischen Genuss abrunden.

Angestelltengerecht ist auch die Preisbildung. Ein jedes Gericht ist in vollen oder halben Euros bepreist. Einfach zu rechnen. Nur mit dem Dessert Bene & Jerry kann man die Belegschaft ins Schleudern bringen, kostet das doch als einziges 5,99€. Aber da viele große Mathematiker vom indischen Subkontinent stammen, wird die Belegschaft auch diese Klippe umschiffen!

Wer seine Waren und Dienstleistungen an den Mann bringen möchte, darf sich keine Ruhe gönnen.

365 geöffnet, verheißt der Flyer Kein Ruhetag. Immer wieder neue Welt.

Und ohne Internet-Auftritt geht’s auch nicht. Da es bereits ifs-essen.de, ifs-berlin-bonn.de, ifs-dortmund.de und sogar ifs-world.com gibt, ist ifsraunheim.de im WWW nur die logische Konsequenz. Schließlich reicht das Liefergebiet bis zum Flughafen Frankfurt.

Sollten sie also dort einmal spät abends hungrig und entkräftet aus ihrem Flieger steigen, einfach ifsraunheim.de ins Smartphone tippen und schon wird Ihnen geholfen.

Nur von der Pizza Tonno rate ich ab. Die war zu trocken.

Angebote der Internationalen Food Station

Angebote der Internationalen Food Station

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2 Gedanken zu “IFS QRH

  1. Lieber Howie,

    du kannst die Finger selbst im Feierabend nicht von den Zahlen lassen, gell?
    In mindestens einem Punkt muss ich dir allerdings widersprechen. Das Zigeunerschnitzel heiß politisch korrekt „Sinti und Roma-Schnitzel“.

    Beim Lesen habe ich mich richtig amüsiert und mir vorgestellt, wie du versuchst hast, die Umgebung auszublenden.

    Das wird beim Uerigen am 29.04. wohl nicht nötig sein.

    meint Idy D.

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